Strömungen ist ein kontinuierlich voranschreitendes Projekt des Duos cri du coeur (Fine Kwiatkowski: Tanz, Video - Willehad Grafenhorst: Computervisualisierung, Kontrabass-Balalaika oder Hawaiigitarre, Elektronik), in dem die teilnehmenden Künstler in einer multimedialen Performance mit den Mitteln Tanz, Musik, Video Räume neu definieren.
Durch computergesteuerte Projektionen wird die Architektur der vorgefundenen Räumlichkeiten relativiert, Konturen des Raumes verschwinden in einer Collage von abstrakt-grafischen und gegenständlichen Videobildern, der tanzende Körper erobert sich den Raum, verändert die Lichtproportionen, wird selbst zur Projektionsfläche in Interaktion mit der Musik.
Die Bilder werden direkt in den Raum projiziert, wir versuchen, mit den architektonischen Gegebenheiten zu arbeiten, durch gezielte Lichtsetzung den Raumeindruck zu verändern, Perspektive und Fokussierung als wesentliche Parameter der Wahrnehmung zu etablieren.
Besetzungen 2006 - 2016:
Kassel - Salzfabrik
mit Bettina Helmrich (Tanz) und Martin Speicher (Saxophon, Klarinette)
Wiesbaden - Kunsthaus
Gießen - "Improvisers Pool", Universitätsbibliothek
und Berlin - Stralau 68
mit Peter Geisselbrecht (Piano) und Wolfgang Schliemann (Perkussion)
Königshain - Kunstscheune
im Duo
Montignac (F)
mit Audrey Rocher (Objekte) und Roland Devocelle (Objekte)
Chemnitz
mit Lars Kwiatkowski (Elektronik)
Bremen - MIB - Festival, Schwankhalle
mit Reinhart Hammerschmidt (Kontrabass, Elektronik) und Hainer Wörmann (Gitarre, Elektronik)
Wuppertal - zum Klappstuhlfest
mit Andrés Curchero, Barcelona (Tanz) und Christoph Irmer (Violine)
Barcelona (E) - in Zusammenarbeit mit IBA col.lectiu d' improvisació
im Duo
Dessau - BAUHAUSbühne
in der Zusammenarbeit mit dem rhizom e.V. Berlin
mit Reinhart Hammerschmidt (Kontrabass, Elektronik) und Wolfgang Schliemann (Perkussion)
Brandenburg - Studiobühne des Theaters Brandenburg
siehe Dessau
Berlin - Berliner Festspiele
im Duo
Toulouse - Festival INFLUX'2 im Theatre Le Ring
im Duo
Göttingen - innerhalb der DaDance Reihe im APEX
mit Susanne Wieneke (Gesang) und Peter Krug (Kontrabass)
Johannesburg - jozi Art:lab
im Duo
München - in Zusammenarbeit mit "Offene Ohren" im MUG
mit Peter Geisselbrecht (Piano) und Wolfgang Schliemann (Schlagwerk)
Saint-Silvain-sous-Toulx (F) - Festival "Le Bruit de la Musique #2"
im Duo
Wetzlar - 1. Wetzlarer Improvisationstage
im Duo
Das Videobeispiel wurde aufgenommen am 22.05.2006 in Gießen, eine DVD kann unter Kontakt bestellt werden.
Die Auftritte in Wiesbaden, Giessen und Berlin fanden in Zusammenarbeit mit dem rhizom e.V. statt und wurden durch die Städte Giessen und Wiesbaden unterstützt.
Presse:
Bizarrer Tanz, Musik und Geräusche
Auch in diesem Jahr lockte das Klappstuhlfest bei seinem zweiten Teil zahlreiche Besucher in die Sophienkirche. Vor allem der letzte Programmpunkt bildete den Höhepunkt des Festivals. Musik, Tanz und Performance verbanden Fine Kwiatkowski und Andrés Curchero (Tanz), Christoph Irmer (Violine) und Willehad Grafenhorst (Kontrabass-Balalaika, Elektronik, Licht) perfekt miteinander.
Vor allem Kwiatkowski bannte die Zuschauer mit ihren bizarren, grotesken und energiegeladenen Bewegungen. Ihre völlig eigenständige Art der Körperarbeit wurde umspielt, beantwortet oder kontrastiert von den Bewegungen des spanischen Butoh-Tänzers Andrés Corchero. Er in Regenjacke und Alltagskleidung, sie in Jeans und Shirt ließen sich zunächst nicht voneinander stören, trafen sich, berührten sich fast wie ein Liebespaar, lösten sich aber bald wieder und gingen ihrer eigenen Wege.
Christoph Irmer, künstlerischer Leiter des Festivals, steuerte an der Violine mal zarte, flächige Klänge, aber auch heftige Pizzicati, also gezupfte Töne bei. Das waren Angebote, die die Tänzer manchmal annahmen, oft aber auch ihre eigenen Ideen dagegen setzten. Willehad Grafenhorst gab mit seinem Instrument weitere Klangfarben und Impulse: elektronische Sounds, Brummen, geschredderter Krach, Licht und Videofragmente setzten den Zuschauer noch mehr einer gezielten Reizüberflutung aus. Das gipfelte in überdimensionalen Rollbändern mit hypnotischer Wirkung, die über den Rückzug der Tänzer und das Ende des Stückes hinwegtäuschten.
Westdeutsche Zeitung / Kultur in Wuppertal / von Susanne Nögel am 20.01.2008
Ungewöhnliche Performance der Tänzerin Fine Kwiatkowski beim "Improvisers Pool"
Seit die Bücher aus der alten Universitätsbibliothek verschwunden sind, geschehen dort nach Einbruch der Dunkelheit ungewöhnliche Dinge. Nun gab es wieder ein Improvisationskonzert. Das klingt harmlos. Doch die Berliner Tänzerin Fine Kwiatkowski, Willehad Grafenhorst an Bassbalalaika und Soundgerätschaften, Wolfgang Schliemann am Schlagzeug und last not least Pianist Peter Geisselbrecht fügten ihre gebündelten Ideen und Kompetenzen zu einer multimedialen Tour de force zusammen, die im Publikum niemand unberührt ließ. Kwiatkowski, Jahrgang 1956, ist Gießener Musikfreunden vielleicht noch aus den Tagen der Neuen Deutschen Musik in Erinnerung, die dereinst im Theaterstudio am Löbershof (Til) stattfanden. Ihr Thema ist die tänzerische Improvisation. Sie arbeitet zusammen mit dem Bassisten, Bassbalalaikaspieler und Soundspezialisten Willehad Grafenhorst, mit dem sie gerade von einer Mexikotournee zurückkehrte. Schlagzeuger Wolfgang Schliemann, Jahrgang 1956, dessen Arbeit Georg Wolff vom veranstaltenden "Giessen Improvisers Pool" reine Poesie nannte, sorgte für ein Panorama perkussiver Elemente, und Pianist Peter Geisselbrecht aus Biebertal rundete das ungewöhnliche Ereignis ab.
Am Anfang herrscht Stille. Nur ein winziges Rauschen dringt aus den Lautsprechern, es ist dunkel im großen Lesesaal, und fast übersieht man dabei den Auftritt Fine Kwiatkowskis. Die kahle Tänzerin bewegt sich lautlos auf die riesige Spielfläche, ihr schlichtes weißes Kleid verleiht ihr etwas Verletzliches, fast Intimes. Klein wirkt sie neben der mächtigen Treppe zur Galerie, auf die das Publikum längs durch den Raum blickt. Plötzlich füllen computergesteuerte Bilder diese und die Wand links davon, bilden zusammen eine riesige Leinwand, eine Wasserfläche. Sie definiert für den Moment die Proportionen neu, während Kwiatkowski sich einem naheliegenden Klischee gemäß bewegt.
Die Projektionen - Videofilmbilder, Fotos und verschiedene Strukturen, etwa ein effektvolles Bildrauschen oder diverse schlichte Muster - lassen zum einen immer wieder die Konturen des Raums verschwinden. Zum anderen ergibt sich aus den tänzerischen Bewegungen Kwiatkowskis eine fließende Veränderung dieser Lichtproportionen auf ihrem Körper sowie eine veränderte Interaktion der Bewegung und der Geschwindigkeit, in der sich die Bilder bewegen. Dazu kommen die vielfältigen Geräusche des Schlagzeugs, das Schliemann tatsächlich aufs Sensibelste zu bedienen weiß, mannigfaltige rhythmische Sounds aus dem Computer gesellen sich dazu. Geisselbrecht streut hin und wieder ein paar Klangelemente aus dem Klavier ein; manche sind bildschön. Das Ganze steigert sich in dynamischen Wellen, wobei man immer wieder beglückt feststellt, dass jede Nuance, jeder Bildeinfall und jede musikalische Ingredienz minutiös in das Geschehen integriert sind, Musiker und Tänzerin feinfühlig aufeinander eingehen. Dabei besitzen die musikalischen Elemente höchstes Niveau, in allen ist die jeweilige Handschrift klar zu erkennen, und das höllische Finale ist ein besonderer stereophoner Leckerbissen. Kraftvoller Tanz, originelle Bilder und vor allem eine raffiniert ausgewogene Gesamtkomposition: ein starker Abend.
Heiner Schultz, Usinger Anzeiger, 25.04.2006