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Scanned

SoloTanz-Duo-KlangSolo
im interaktiv animierten Licht-Video-Raum

Ein Körper/Mensch bewegt sich zwischen seinem erstrebten Freiraum und dem Erleben einengenden Misstrauens, entwürdigender Kontrolle. Er wird isoliert, erfasst und bewertet.
In Scanned wird die Frage nach dem bewussten Umgang mit subtilen Überwachungs- und Kontrollmechanismen aufgeworfen.

Dem gegenüber gestellt ist das hörbar gemachte Eigenrauschen preiswerter musikelektronischer Geräte aus asiatischer Fertigung. Obwohl diese Gattung elektronischer Hilfsmittel nicht zur Klangerzeugung vorgesehen ist, bemerkt das geschulte Ohr unterschiedliche Geräusche, die von den Geräten ausgehen, und zwar reziprok linear zu ihrem Marktwert.
Durch die Fokussierung auf die Nutzung der Eigengeräusche als Klangmaterial stellt sich gleichzeitig die Frage nach den Ursachen dieser Fehlfunktion. Im Studium soziologischer Forschungen zur Entwicklung der Arbeitsbedingungen in asiatischen Ländern in Folge der Globalisierung erwuchs das Bewusstsein, dass bei der Fertigung dieser Geräte, die in der Regel von 14 - 27 jährigen Frauen von Hand produziert werden, in Schichten von 12 - 14 Stunden, an 7 Tagen in der Woche, zum Teil am Mikroskop, die Arbeiterinnen ihre Seelen verlieren. Ihnen bleibt keine Zeit zur Regeneration, Krankheit oder Schwangerschaft reichen als Vorwand zur Entlassung, der Lohn von weniger als einem Euro pro Tag kann kaum die eigene Ernährung sicher stellen. Das Leid dieser Menschen, die nach wenigen Jahren der Ausbeutung dem Leistungsdruck nicht mehr standhalten können, ist in den elektronischen Schaltungen gefangen.

Premiere: 27.09.2005 in Basel

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Videoclip, aufgenommen am 14.11.2005 im Studio SK-Kultur, Köln

Presse

"SoloTanz-Duo-KlangSolo" zur Tanzwoche

... Wenn man über den "Scanned"-Abend mit etwas zeitlicher Distanz nachdenkt, bleibt als bildhaft-akustischer Eindruck, wie ein Geschöpf, womit nicht allein ein Mensch assoziiert ist, sondern jegliches, was da lebt und existiert, aufgesogen, eingeengt, bedrängt, in beängstigender Weise "abgetastet" wird. Wie es in kalte Fluten gerät, über sengende Glut läuft, von herabstürzenden Gewalten überrollt ist, sich im endlosen Nichts verliert oder vergeblich aus Gitterstrukturen zu befreien sucht. Fine Kwiatkowski, in ihrer existenziellen Körpersprache unvergleichlich, ist auf der Bühne wiederum jenes unbehauste Wesen, das der Entstehungs- oder auch Endzeit der Schöpfungsgeschichte zuzugehören scheint; jede wärmende Zuwendung ist ihm genommen, von Wohlbefinden kann keine Rede sein. Wenn sie mit den Händen fast ungläubig ihren Körper ertastet, dann so, als wolle sie sich davon überzeugen, ob noch alles am rechten Platze, im Chaos nicht etwas Wesentliches abhanden gekommen ist.

Mit einer beeindruckenden Bild- und Klangcollage schafft Willehad Grafenhorst unterschiedlichste Assoziationsräume, variiert mit Live-Elektronik und diversem Zubehör zwischen Stille und extrem bedrohlicher Lautstärke, verrauscht punktuellen Rastern und zeichnenden, sich jagenden Lichtlinien. Dass das lebendige Geschöpf in all diesen Ohren- und Augenbedrängnissen, abgetastet mit Streifencode, "zerlegt" in Lichtpunkte im wahrsten Sinne des Wortes untergeht, ist gewiss Absicht ...

Gabriele Gorgas, Dresdner Neueste Nachrichten, 27.04.2006

RHIZOM TanzPerformanceTheater Fine Kwiatkowski