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Improvisation

Immer wieder treffe ich auf Künstler aus den Bereichen zeitgenössischer Tanz, zeitgenössische und Neue Musik, Bildende Kunst und Schauspiel.

Diese Begegnungen spiegeln den Moment eines intensiven, spannungsreichen, sich anziehenden und abstoßenden Augenblickes wider, der ein hohes Maß des Scheiterns beinhalten kann, oder beglückend in gemeinsamer Ekstase oder Stille mündet.

Eine Art "Gespräch", welches sehr direkt und tief den Kern des nicht mehr Sagbaren treffen kann.

 

Presse

Im Dialog mit dem Kontrabass

Fine Kwiatkowski in der Musikerinitiative Bremen

Wenn sich eine Tänzerin und zwei Kontrabassisten zur Freien Improvisation treffen, geht es um die Begegnung von Instrument und Körper, wie sie in der Bandbreite von lustvoller Begehrlichkeit bis zur idealisierten Verschmelzung in Man Rays berühmter Fotomontage "Le Violon d'Ingres" (die Ansicht eines entblößten Frauenrückens mit darauf montierten Schalllöchern eines Kontrabasses) dargestellt wird. Die Erinnerung an dieses im Zeichen von Dada entstandene Bild verstärkt die Tänzerin Fine Kwiatkowski, als sie im zweiten Teil ihres Auftrittes bei der MIB im Buntentor ihren entblößten Rücken zu Kontrabassklängen biegt und beugt. Aber wie der Sound des Basses durch Elektronik verfremdet wird, verfremdet auch Kwiatkowski das Zitat. Hier geht es nicht um Begehrlichkeit, hier geht es um Kraft. Das Spiel der Muskeln in ihren exakten Reaktionen auf Basslinien ist auch stark ironisierende Antwort auf zeitgeistige Ästhetik: Dada-Lust und -Lustigkeit kontra Bodybuilding-Posing.

Das Beispiel mag schon verdeutlichen, wie Fine Kwiatkowski improvisiert. Sie setzt Musik, Sounds und Geräusche in Bewegung und Bilder um, verharrt dabei aber nicht in der ausschmückenden Rolle, sondern initiiert selbst, fordert die beiden Musiker zu Reaktionen heraus. Der geringe Raum, den die MIB-Bühne bietet, erfordert dabei eine Reduktion der Bewegungen auf ein Minimum, was die Tänzerin durch geradezu akrobatische Verbiegungen ausgleicht, die zusätzlich sparsam mit Mitteln der Pantomime sowie des Ausdruckstanzes angereichert werden. Von normalem Tanz hat sich Fine Kwiatkowski mit ihrem stark auf Kreatürliches abzielenden Improvisationen weit entfernt.

In Willehad Grafenhorst, Berliner mit Bremer Vergangenheit (hier besser als Willy Hart und E-Bassist bekannt), und dem Bremer Reinhart Hammerschmidt findet die Körperimprovisatorin geradezu ideale Partner: Grafenhorst mengt immer wieder Tonfolgen und rhythmische Elemente in seine - durchaus auch wuchtigen - Klangfindungen zwischen Elektronik und Akustik. Hammerschmidt, der auch mit Elektronik operiert, ist eher für forschende Sounds zwischen Klang, Geräusch und fragiler Perkussion zuständig.

Im Duo der Bässe kulminieren diese Gegensätze und Gemeinsamkeiten noch einmal spektakulär, aber im Zentrum des höchst spannenden Abends steht die Begegnung von Körper und Instrument.

Christian Emigholz, Weserkurier, 8.5.2003

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RHIZOM TanzPerformanceTheater Fine Kwiatkowski